Tratt, Benedikt (2021): Working Capital Management im Handwerk, München 2021.
Keywords: Finanzierung, Working Capital, Handwerk, empirische Bestandsaufnahme
Working Capital Management im Handwerk – Eine empirische Bestandsaufnahme und Analyse der Situation in kleinen Betrieben
Benedikt Tratt
2021
Management Summary
Wie verbreitet sind Working Capital Management Maßnahmen in kleinen Betrieben und ist deren Einsatz auch unter Berücksichtigung stark begrenzter Ressourcen rentabel möglich? Während aus den Bereichen der Industrie und des Mittelstandes im Allgemeinen hierzu bereits verschiedene empirische Untersuchungsergebnisse vorliegen, existieren für das Handwerk bislang keine repräsentativen Zahlen. Die vorliegende Forschungsarbeit hat diese Fragestellung daher explizit für kleine Betriebe des Handwerks untersucht. Grundlage der Studie ist eine Befragung von über 200 zufällig ausgewählten bayerischen Handwerksbetrieben aller Gewerbegruppen. Alle kontaktierten Betriebe haben dabei weniger als 50 Mitarbeiter und sind daher der Gruppe der Kleinst- und Kleinunternehmen zuzuordnen. Die Antworten der Betriebe wurden auf drei wesentliche Gesichtspunkte hin untersucht. Zuerst wurde im Zuge einer Bestandsaufnahme der generelle Verbreitungsgrad 12 grundlegender Maßnahmen aus allen Bereichen des Working Capital Managements in kleinen Handwerksbetrieben ermittelt. Im Anschluss wurde der Effekt verschiedener, aus der Literatur abgeleiteter Einflussfaktoren auf die Anwendungshäufigkeit der einzelnen Maßnahmen untersucht, um daraus konkrete Ansatzpunkte für eine nachhaltige Steigerung der Implementierungsquote im Handwerk abzuleiten. Des Weiteren wurde untersucht, ob der Einsatz von Maßnahmen des Kapitalmanagements auch in kleinen Betrieben zu einer Verbesserung der Liquiditäts- und Ertragslage führt.
Im Vergleich zu früheren Untersuchungen unter Betrieben vergleichbarer Größenordnung ergibt sich ein leicht erhöhter Verbreitungsgrad aller untersuchten Maßnahmen. Besonders verbreitet sind grundlegende Maßnahmen des Vorrats- sowie des Debitorenmanagements. Maßnahmen aus dem Bereich des Kreditorenmanagements waren im Vergleich etwas geringer verbreitet. Deutlich seltener wurden die abgefragten Kennzahlen des Cash-Managements berechnet.
Die Untersuchung der Einflussfaktoren zeigt einen signifikant positiven Einfluss einer akademischen, betriebswirtschaftlichen Vorbildung einzelner Mitarbeiter auf den Verbreitungsgrad aller Working Capital Management Maßnahmen. Ein Zusammenhang zwischen Anwendungsgrad und genereller Mitarbeiterzahl der Betriebe konnte hingegen nicht festgestellt werden. Vielmehr als eine grundlegende Knappheit der Humankapitalressourcen sind also betriebswirtschaftliche Kenntnisse an einzelnen Schlüsselpositionen innerhalb des Betriebes ausschlaggebend für die Implementierung von Working Capital Management Maßnahmen. Des Weiteren ergab die Untersuchung, dass unter jüngeren Betrieben und solchen, die aktiv auf Unternehmenswachstum abzielen der Verbreitungsgrad signifikant höher liegt.
In Bezug auf den Unternehmenserfolg konnte ein signifikant positiver Einfluss des Working Capital Managements auf die Liquidität ersten und zweiten Grades nachgewiesen werden. Dieser Zusammenhang lag unabhängig von der Ausrichtung der Maßnahmen auf Vorrats- oder Kreditmanagement vor. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass Betriebe, die keine oder kaum Maßnahmen implementiert haben, deutlich häufiger von Problemen bei der Akquise von Fremdkapital berichten. Ebenfalls unabhängig vom Fokus des Maßnahmeneinsatzes konnte ein signifikant positiver Effekt auf die Gesamtkapitalrentabilität der Betriebe nachgewiesen werden. Die Ergebnisse zeigen demnach, dass auch in sehr kleinen Handwerksbetrieben mit stark eingeschränkten Ressourcen der Einsatz einzelner Maßnahmen des Working Capital Managements zu einer wesentlichen Verbesserung der Liquiditäts- und Ertragssituation führen kann.
Insgesamt verdeutlichen die Erkenntnisse der vorliegenden Untersuchung die Bedeutung zielgerichteter Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich des Unternehmenscontrollings und Kapitalmanagements für die betriebswirtschaftlichen Entscheider im Handwerk. Auf diese Weise kann nicht nur die Anwendungshäufigkeit der einzelnen Maßnahmen – und damit auch die Liquiditäts- und Ertragsposition – signifikant gesteigert werden. Gleichzeitig sinkt mit zunehmenden Vorkenntnissen auch der Aufwand, welcher für die Implementierung der Maßnahmen notwendig ist. Gerade unter dem Gesichtspunkt der stark begrenzten (zeitlichen) Ressourcen vieler Handwerksbetriebe kann so die Attraktivität der Anwendung nochmals gesteigert und der positive Effekt auf die Anwendungshäufigkeit verstärkt werden. An die Handwerksorganisation und speziell ihre Bildungszentren geht aus der vorliegenden Untersuchung daher ein klarer Appell zur Erweiterung ihres Angebots in den genannten Bereichen hervor.
Leitfaden
Erfolgreich durch strukturiertes Working Capital Management – Liquidität sichern und Unternehmensperformance steigern