Circular Economy im Handwerk: Herausforderungen und Potenziale auf verschiedenen Ebenen – Ergebnisse einer empirischen Interviewanalyse
Antonia Hoffmann und Julius Weindl
2023
Zusammenfassung
Die vorliegende Studie untersucht die Herausforderungen, Potenziale und Treiber der Umsetzung einer Circular Economy im deutschen Handwerk sowie die Rolle der Digitalisierung in diesem Kontext. Die Ergebnisse dieser Studie basieren auf einer qualitativen Analyse von empirischen Daten, die durch Experteninterviews gewonnen wurden. Insgesamt wurden 21 Experteninterviews mit Interviewpartner:innen geführt, die von Handwerksunternehmer:innen über Expert:innen bis hin zu Gründer:innen von Startups reichen, die sich mit dem Thema Circular Economy beschäftigen.
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die bedeutendsten Potenziale für die Umsetzung einer Circular Economy für das deutsche Handwerk insbesondere auf der Meso- und Mikroebene, also auf der Branchen- und Betriebsebene, zu finden sind. In dieser Hinsicht bietet die Umsetzung einer Circular Economy ein erhebliches Potenzial, ein neues Image und eine neue zirkuläre Rolle zu entwickeln, so dass das Handwerk zu einem wichtigen Vermittler von zirkulären Dienstleistungen und Ressourcen innerhalb einer Circular Economy werden kann. Die räumliche Nähe zu Kund:innen bietet dem Handwerk eine ideale Voraussetzung für die Durchführung von Reparatur- und Wartungsarbeiten. Das Handwerk stellt somit das perfekte Bindeglied zwischen Industrie und Endkunden dar. Darüber hinaus wird die Digitalisierung als ein wichtiger Faktor für die Umsetzung der Circular Economy im Handwerk identifiziert, da sie den Aufbau der notwendigen Dateninfrastruktur, digitaler Ressourcen- und Vernetzungsplattformen sowie digitaler Produktpässe erleichtert
Hinsichtlich der Herausforderungen für die Umsetzung der Circular Economy im deutschen Handwerk liegen die größten Hemmnisse auf der Makro- und Mesoebene, also auf nationaler und branchenbezogener Ebene. In diesem Zusammenhang wurden ein mangelndes Bewusstsein und Verständnis für die Circular Economy in der Gesellschaft sowie ein unzureichender Vollzug bestehender Regelungen zur Circular Economy als wesentliche Barrieren auf der Makroebene erkannt, die Handwerksbetriebe an der Umsetzung von Maßnahmen der Circular Economy hindern. Auf der Mesoebene wurden die fehlende Vernetzung und Einbindung des Handwerks als große Hemmnisse für die Entwicklung einer Circular Economy im deutschen Handwerk identifiziert. Durch die fehlende Einbindung des Handwerks können Organisationen des Handwerks keine Unterstützungs- und Beratungsangebote entwickeln.
Die Treiber einer Circular Economy sind vielfältig. Auf der Makroebene werden sechs verschiedene Treiber für die Umsetzung von Circular Economy ermittelt, von denen Politik und Regulierung sowie die gesellschaftliche Einstellung als die Treiber mit dem größten Einflusspotenzial angesehen werden. Handwerksbetriebe, die als Vorbilder dienen, sowie das Engagement und der Einsatz handwerksnaher Institutionen werden als wichtige Triebkräfte auf der Mesoebene identifiziert. Die Einstellung des Kundenstamms und der Handwerksbetriebe selbst gegenüber Circular Economy sowie das Interesse der Arbeitnehmer:innen und der Wettbewerb werden als die wichtigsten Treiber auf der Mikroebene für die Einführung von Circular Economy im Handwerk ermittelt.
Darüber hinaus stellt die Digitalisierung ein wichtiges Element der Circular Economy dar. Die Digitalisierung liefert die Datengrundlage, um Transparenz über Stoffströme zu schaffen und kann für eine Übersicht an Verfügbarkeiten von Sekundärmaterialien bzw. Ersatzteilen sorgen. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch die Einführung des digitalen Produktpasses. Während das Konzept eines digitalen Produktpasses für weite Teile des Handwerks als eher schwierig zu realisieren gilt, wird es das Bau- und Ausbaugewerbe des deutschen Handwerks stark betreffen, da es ein unumgängliches Instrument zur Ermöglichung der Circular Economy im Bausektor werden wird.
Zusammenfassend zeigt diese Studie nicht nur, wie die Unternehmen des deutschen Handwerks von der Umsetzung einer Circular Economy profitieren können, sondern auch, welches Potenzial die Wirtschaftsgruppe selbst sowie die Digitalisierung im Hinblick auf eine Umsetzung der Circular Economy in Deutschland bieten.